Baie-Saint-Paul

Knapp vier Wochen hatten wir für unseren Sommer Roadtrip durch Quebec zur Verfügung. Fast ein bisschen wenig, wenn man bedenkt das die Provinz alleine 4,5 Mal so groß wie Deutschland ist! Der Plan war fünf schöne Fleckchen dieses, oft unterschätzten Teils Kanadas, näher unter die Lupe zu nehmen. Heute nehme ich euch in Teil 1, der Sommer Roadtripserie, mit an die Baie-Saint-Paul.

Start war unser zu Hause in Montréal. Mit dabei waren unser Auto, samt XXL Dachbox, Campingausrüstung, Spielzeug, dicke Sachen, mein Mann, unsere zwei Mädels und ich. Jedes Fitzelchen war gut genutzt, bei plötzlichem Kälteeinbruch unterwegs, hätte nicht einmal mehr die kalte Luft im Auto Platz gefunden.

Camping du Gouffre

Eines der schönsten Dinge die man tun kann, um die Natur Kanadas richtig zu genießen, ist Camping und das gilt in Ostkanada genauso wie im beliebteren Westen. Die Hälfte unserer Tour wollten wir daher genau das tun, hier und da unsere Zelte wortwörtlich aufschlagen.

Erster Stopp war der Campingplatz „Camping du Gouffre„, wärmstens empfohlen von Freunden. Er liegt in der Baie-Saint-Paul (Bucht von Saint Paul) und gilt als besonders kinderfreundlich.

Wir Großen hatten unsere Leidenschaft zum Zelten ja längst entdeckt, für unsere Kleinste sollte es das erste Mal werden und ich war sehr gespannt, wie die erste Nacht im Zelt wohl für sie und uns laufen wird.

Blick vom Zelt auf das Wasser

Blick vom Zelt auf das Wasser

Bei der Ankunft hatten wir Glück, denn trotzt Hochsaison konnten wir uns noch einen Spot aussuchen. Nach einem kurzen Spaziergang entschieden wir uns für einen Platz direkt am Flussufer, neben dem kleinen Strand zwischen den Bäumen. Die Zelte waren schnell aufgebaut, eins diente als Schlaf-, das andere als Wäschekammer.

Unabdingbar gehört für uns ein Lagerfeuer dazu. Auf fast allen Campingplätzen hat jede Parzelle eine eigene Feuerstelle!

Lagerfeuer

Lagerfeuer am Abend auf dem Campingplatz

Also zuerst Feuer an, dann gemütlich essen am Feuer, die Ruhe genießen, Sterne beobachten und warten, dass die Kinder endlich müde werden. Im Einklang mit der Natur sich noch in Ruhe ein Glas Wein gönnen, mehr brauchte es nicht um in Urlaubsstimmung zu kommen. Was soll ich sagen, es lief alles nach Plan. Ein perfekter Start in unseren Urlaub. Selbst die Nacht war ruhig und die Sorge little J würde in der Natur nicht schlafen können, war umsonst!

Geweckt vom Vogelgezwitscher starteten wir in den Tag. Erste Amtshandlung, egal ob zu Hause oder unterwegs – Kaffee kochen! Deshalb ist mein spanisches Original, die Cafetera, unverzichtbar und begleitet uns immer! Gashahn auf, Flamme an, Cafetera befüllen und warten bis es zischt. E voilà – der Kaffee ist fertig! Und das Zweitschönste an einem Morgen auf dem Campingplatz? Genau, man ist direkt mitten in der Natur und kann die Kinder Laufen lassen!

Cafetera und Campingkocher

Cafetera und Campingkocher – kein Morgen ohne Kaffee

Campingplatz-Inspektion

Wenn wir auf Reisen gehen versuchen wir am ersten Tag erst einmal Nichts zu tun und nur die direkte Umgebung zu erkunden. Unser Tag stand also ganz im Zeichen des Zeltplatzes und seiner Kindertauglichkeit! Vielversprechend waren die Anpreisungen von unseren Freunden und aus dem Prospekt. Nach dem Frühstück ging es daher auf Entdeckungstour! Quasi direkt neben unserer Parzelle war ein kleiner Strand, das Wasser am Flussufer war flach und schon leicht gewärmt von der Sonne der ersten Julitage und Anbaden stand an. Danach ging es nahtlos weiter zum Spielplatz. Für die Großen und kleinen Abenteurer gibt es hier genug zum Probieren, Klettern und Auspowern. 

big J auf dem Campingplatz du Gouffre

big J auf dem Campingplatz du Gouffre

Während Mini und ihr Papa sich zum Mittagsschlaf ins Zelt verkrümelten, haben big J und ich den hauseigenen Minibauernhof inspiziert. Ein paar Hasen, Hühner, Ziegen, die Erlaubnis zum Füttern und schon ist das Kind glücklich. Danach noch schnell in den Kiosk gehuscht und ein Eis gekauft, bevor wir das Campingplatz eigene Schwimmbecken getestet haben. Schwimmnudeln und Schwimmbretter stehen hier ausreichend und für jedermann zur Verfügung, der Rettungsschwimmer vom Dienst hat stehts ein Auge auf das Geschehen und ein Portion Extraspaß, gibt es beim testen der kleinen Wasserrutsche. Und all die Kinder, die jetzt immer noch Energie übrig haben, kann es noch auf die Hüpfburg gehen, die gleich um die Ecke vom Pool im Schatten steht.

Unser Fazit: Camping du Gouffre ist definitiv kindertauglich. Er bietet viel Abwechslung für Kinder, während sich Mama und Papa nebenbei entspannen können. Gleichzeitig ist er nah genug an einigen Sehenswürdigkeiten der Region (Bai-Saint-Paul Stadt/L’Isle-aux-Coudres) und man kann von hier aus z.B. auch Kanu- und Kajaktouren buchen und starten.

L’Isle-aux-Coudres – Insel der Haselnussträucher

Am zweiten Tag stand L’Isle-aux-Coudres auf dem Programm. Eine kleine Insel inmitten des Sankt Lorenz Stroms. Bereits 1535 vom großen Entdecker Jacques Cartier erspäht, erkundet und mit ihrem heutigen Namen versehen. Der abgeleitet vom Altfranzösischen frei übersetzt „Insel der Haselnussträucher“ bedeutet.  Sie misst nur rund 30km². Flach auf der Einen und hügelig auf der anderen Seite. Perfekt für einen Tagesausflug für alle die es gerne aktiv und/oder entspannt mögen.

Zweimal pro Stunde gibt es von Saint-Joseph-de-la-Rive eine Fähre zur Insel, den Fahrplan bekommt man in der Touriinfo in Baie-Saint-Paul. Wer zuerst kommt mahlt zuerst und daher: bringt ein wenig Zeit mit. Kostenpunkt: Null CAD (Kanadische Dollar)! Warum? Es ist ein öffentliches Gewässer, eine Brücke gibt es nicht und dann sind Fähren in Quebec in der Regel kostenfrei!

Mit dem Vierrad auf Entdeckungstour

Freunde hatten uns empfohlen ein Vierrad auszuleihen. Da wir das noch nie gemacht hatten und es nach Spaß klang, war unser erster Anlaufpunkt die Mietstation – Vélo-Coudres – an der östlichen Spitze. Die Mitarbeiter waren super freundlich und fragten vor dem Start und der Routenplanung noch unseren Fitnesslevel ab. Nicht ohne Grund! So ein Gefährt hat keine Schaltung und wenn es leicht bergauf geht, kommt man schon mal ganz schön ins Schwitzen, Pusten und Schnaufen. Wir nahmen die „flache“ Seite der Insel – eine weise Entscheidung.

Es war ein perfekter Tag. Sonnig, nicht zu heiß und nur ein bisschen Gegenwind. Wir schnallten Kind und Kegel im Körbchen fest, legten eine extra Schicht Sonnencreme auf und strampelten los.

Wir auf dem Vierrad

Wir auf dem Vierrad auf der Insel

Tatsächlich war ich fitter als ich dachte und es hat riesen Spaß gemacht. Die Große fühlte sich berufen den Drillmaster zu spielen und uns anzufeuern, während die Kleine das sanfte Rütteln für ein kleines Schläfchen nutze.

Wir hatten uns für die „Halb-Inseltour“ entschieden und unser Ziel war die Mühle auf der Westseite. 9km hin und 9km zurück. Unser Weg führte entlang des Flussufers. Für etwas anderes hatten wir gar kein Auge, da es die Rauheit, die zerklüftete Landschaft ist, die uns hier am Meisten in ihren Bann zieht. Deswegen habe ich wohl auch keine Haselnusssträucher gesehen. Hier mitten im Sankt Lorenz, fühlt man sich mehr wie auf einer Atlantik Insel, als mitten im Fluss.

Kurz vor der Mühle war es Zeit für einen Snackstop und einen Spaziergang. Wir hielten bei der hiesigen Kitesurfschule von – Suroît Aventures -, man hatte uns geflüstert hier gäbe es leckere Snacks. Und so war es. Alles frisch und selbstgemacht aus regionalen Produkten.

Gut gestärkt ging es spazieren über die Felsbrocken im Flussbecken, denn es war Ebbe. Ich liebe dieses Naturschauspiel und bin jedes Mal wieder überwältigt, wenn Ebbe im Fluss herrscht. Dies hat einen ganz besonderen Charme, den ich nicht in Worte fassen kann. Aber Vorsicht: der Gezeitenkalender sollte vorher studiert werden. Das Wasser kommt schnell und sein Sog ist stark. Nicht selten wurden die Kitesurfer und Angestellten hier schon zum Seenotretter und holten wagemutige Spaziergänger mit Booten von den Felsspitzen.

Wie schnell das Wasser wirklich steigt, wurde uns auf dem Rückweg bewusst. Es dauerte nur eine gute halbe Stunde, aber als wir das Vierrad abgaben, konnten wir unsere Füße am Ufer schon wieder ins Wasser stellen.

Auf dem Weg zurück aufs Festland, haben wir Freunde auf der Fähre getroffen. Sie luden uns noch auf ein Bier am Feuer mit Blick über die Bucht bei Sonnenuntergang ein. Wer kann da schon nein sagen?!

Blick auf die Baie-Saint-Paul am Abend

Blick auf die Baie-Saint-Paul am Abend

Und so ging ein wundervoller Tag hier im wunderschönen Quebec zu ende! Und die Mädels? Die mussten wir aus dem Auto nur noch ins Zelt legen.

Baie-Saint-Paul (Stadt)

Der Plan war: Action! Kanu-Tour auf dem Fluss, direkt am Campingplatz. Aber wir sind ja flexibel und Pläne kann man ändern. Es wurde ein entspannter Vormittag im Campingstuhl, mit kurzem Abstecher zum Strand. Gegen Mittag sind wir dann Richtung Baie-Saint-Paul aufgebrochen, um uns zur Abwechslung mal an den gedeckten Tisch zu setzen.

Baie-Saint-Paul gehört zur Region Charlevoix, welche (zumindest in Quebec) für ihren Käse bekannt ist. Was lag also näher als sich eine gemischte Platte mit regionalen Spezialitäten zu bestellen und dazu eine bekanntes alkoholisches spanisches Getränk zu genießen. Was soll ich sage, der Käse war lecker und auch die Wurst vom Metzger nebenan war richtig gut.

big J vor einem Oldtimer

big J vor einem Oldtimer

Bekannt ist die Stadt für ihr künstlerisches Flair. Ihre vielen kleinen Geschäfte mit handgemachten Produkten, Kunsthandwerk und Sommerkonzerte. Wir machten uns also auf um all dies hautnah zu erfahren. Weit sind wir nicht gekommen, denn die Mädels waren nicht in Stimmung. Ihr wisst wie das ist beim Reisen mit Kindern, wenn die nicht wollen, haben Mama und Papa bald auch keine Lust mehr. Wir spazierten also zurück Richtung Auto, den Proben für das Abendkonzert aus der Ferne lauschend. Und dann für einen kurzen Augenblick änderte sich die Stimmung, als big J ihr Traumauto fand.

Wir fuhren zurück. Die Kinder hatten Zeit zum Spielen und Toben und wir nutzen die Zeit, um das Chaos schon ein wenig zu ordnen. Denn am nächsten Tag stand ein Ortswechsel an. Auf nach Alma an den Lac Saint Jean!

Bis zum nächsten Mal

Eure Ulrike