Barcelona, immer eine Reise wert oder lieber doch nicht bei den vielen Touristen? Aktuell steht Barcelona auf der Liste der Städte, die eine Pause brauchen, um wieder Luft zu holen, durchatmen zu können, um auch die nachfolgenden Generationen noch mit ihrem ganzen Glanz verzaubern zu können und – vor allem – ihren Bewohnern ein wenig Zeit mit ihrer Stadt zu geben. Vom mir trotzdem ein klares JA – immer eine Reise wert, aber mit Bedacht und nicht zu jeder Zeit!

Grandiose Aussicht auf Barcelona

Blick auf die Stadt vom Castell de Montjuïc

Das letzte Mal war ich vor sieben Jahren in dieser wunderbaren Stadt, seither hat sich viel verändert. Manches zum Guten und anderes wieder zum Schlechten. Lange stand auf meiner Wunschliste endlich mal wieder in eine meiner Lieblingsstädte zu fahren. Als dann meine gute Bekannte Evelyne aus Montréal von cultureatz  (sie hat ein Video gemacht und komm auch drin vor) ihren Besuch bei uns in Deutschland ankündigte, habe ich sie spontan auf einem Teil ihres Europatrips, eben nach Barcelona, begleitet.

sightseeing mit Evelyne von cultureatz

Sightseeing mit Evelyne

Ich hatte mir zum Ziel gesetzt, mich treiben zu lassen und Orte zu entdecken, die ich bisher noch nicht oder so noch nicht kannte. Hier ist was ich erlebt und gefunden habe.

Die Sagrada Familia – ein Zufallsbesuch

Evelyne wollte unbedingt hin, da sie wissen wollte wie sich die Kirche seit den 90igern verändert hatte. Ich hingegen habe sie nur begleitet, um vor Ort die nähere Umgebung zu erkunden. Und schwupp die wupp war ich doch drin. Zum Glück! Ehrlich überrascht, war ich von einer relativ leeren Sagrada Familia, man konnte treten, sich hinsetzen, sinnieren und in Ruhe dem Orgelspiel zu hören. In meiner vagen Erinnerung sah das Innere ganz anders aus. Die Details und die Größe des Innenraums haben mich beeindruckt, so ganz ohne Gerüste!

Farbenspiel in der Sagrada Familia

Farbenspiel in der Sagrada Familia

Gut 100 Jahre älter als ich, Grundsteinlegung war am 19.03.1882, und strahlend schön. Dank der doch relativ leeren Räume vielen mir nicht nur die extrem hohen, reich verzierten Decken auf, sondern vor allem ihre Strahlkraft in das Innere. Das meine ich wörtlich. Die Blitzblanken Böden boten mir ein Spiegelbild der Fensterbilder, welches tiefer und beeindruckender nicht hätte sein können. Seht selbst:

Deckenansicht vom Hauptschiff der Sagrada Familia

Deckenansicht vom Hauptschiff

Der Turm war gesperrt, aber das hat mich nicht weiter gestört. Ich habe mich lieber in eine ruhige Ecke verzogen und dem Orgelspiel gelauscht. Bin danach noch eine Runde um den Block gegangen und habe im kleinen Park gegenüber ein schattiges Plätzchen mit Spielplatz gefunden. Wenn ihr also mit Kindern kommt, einfach mal toben lassen davor oder danach. Von hier hat man auch noch mal einen schönen Blick auf die Kathedrale und ein wenig Ruhe vor den vielen Menschen.

Sagrada Familia - Blick vom Park mit Spielplatz

Sagrada Familia – Blick vom Park mit Spielplatz

Sarrià eine unbekannte Schöne – mein Highlight

Eine neue Seite von Barcelona entdecken war mein Ziel und ich habe es geschafft. Nach der Sagrada bin ich mit dem Touribus weiter gefahren und während ich so den Beschreibungen lausche, sagt die Stimme in meinem Ohr: „Nächster Halt Sarrià, bekannt für seine Bäckerein und Kuchen.“ Ich konnte mich noch gerade rechtzeitig aus dem Bus hechten und durfte so ein Stück authentisches Barcelona kennen lernen. Mitten auf der Touriroute und doch kaum wahrgenommen.

Plaza de Sarrià

Plaza de Sarrià

Den Platz konnte ich schon vom Bus aus sehen und steuerte direkt darauf zu. Da war ich mitten im seichten Getummel, kaum ein Tourist zu sehen, umgeben von Spanisch und Katalanisch sprechenden Menschen kurz vor der Siesta. Die Schüler gingen zum Mittag nach Hause, andere kehrten ein zum menú del día oder nahmen auf einer der Bänke Platz und packten ihr bocadillo aus. Ich fühlte mich sofort pudelwohl. Alles ging etwas ruhiger zu und es war so herrlich authentisch!

Ich ging kreuz und quer, ließ mich treiben und machte eine mehr als überfällige Kaffeepause. Denn Spanienbesuche ohne 3-4 cortados oder café con leche am Tag sind nicht echt. Plötzlich stand ich vor dem Bocconi, auf einer kleinen Plaza mit Tischen im Schatten der Bäume, ein perfekter Ort zum verweilen.

Bocconi in Sarrià

Bocconi in Sarrià

Typisch spanisch übrigens, den Kaffee mit Eis zu bestellen, wenn es draußen warm ist. Dann gibt es ein extra Glas mit Eiswürfel auf den man, den Kaffee gießt. Schmeckt tausend Mal besser als herkömmlicher kalter Kaffee, warum auch immer.

Von hier ging es weiter durch die Straße und Gassen und ich habe das mediterrane Flair in mich aufgesogen. Mitten in Barcelona, fernab vom Massentourismus! Es geht also, auch hier man muss nur mal über den Tellerrand schauen. Vielmehr mag ich an dieser Stelle gar nicht darüber erzählen, wer authentisches Barcelona erleben und sich lieber in einem Pulk von Einheimischen statt Touristen wiederfinden will, der wird seinen Weg hierher schon finden. Nicht mit Worten aber mit ein paar mehr Bildern nehme ich euch jetzt noch mit durch Sarriá.

Eins noch: Ja es gibt unzählige Bäckereien und Konditoreien, die ihren süßen Duft durch die Straßen verströmen. Probiert haben wir ein paar Törtchen und Pralinen bei Foix de Sarriá, jeglicher Widerstand wäre zwecklos gewesen.

Hospital de la Santa Creu i Sant Pau

Die meisten nennen es einfach Sant Pau, denn so heißt auch die gleichnamige Metrostation dazu. Ein sehr beeindruckender Komplex, der bereits seit 1997 zum UNESCO Weltkulturerbe zählt. Initiiert wurde der modernistische Bau Anfang des 19 Jahrhunderts durch eine Spende des katalanischen Bankiers Pau Gil , der dies in seinem Testament verfügte. Mit diesen Mitteln wurde das Hospital de la Santa Creu i Sant Pau von 1902 bis 1911 vom katalanischen Architekten Lluís Domènech i Montaner  errichtet. Zwar konnte von diesem Budget der Bau nicht fertiggestellt werden, aber ein Anfang war gemacht. 

Die Ursprünge des Hospitals liegen jedoch schon im 15 Jahrhundert. Mit der Zeit wurde es für die stetig wachsende Stadt allerdings zu klein und so kam zu diesem beeindruckenden Komplex. Ein Besuch lohnt sich! Die Geschichte der medizinischen Entwicklung ist spannend. Selbst mit Kindern ist ein Besuch kein Problem, denn die großzügigen Außenanlagen, bieten genug Raum für Bewegung zwischen den einzelnen Gebäuden. Krankenhausbetrieb findet nur noch in einem Neubau aus den 2000er Jahren statt, das Hauptgebäude wird aber noch für Tagungen und Kongresse im medizinischen Bereich genutzt.

 

Mit der Seilbahn zum Castell de Montjuïc

Szenenwechsel, von der Moderne wieder ein paar Jahrhunderte zurück auf die einstige Festung der Stadt. Mit Verlaub einem Ort der einen der besten und „vollständigsten“ Blicke über die Stadt und ihre Ausmaße erlaubt.

Blick auf Barcelona auf der Gondel

Blick auf Barcelona auf der Gondel

Von der Plaza de España (Plaça d’Espanya) ging es mit der Buslinie 150 hinauf zur Haltestelle direkt vor die Station der Seilbahn (der Touribus hält hier auch). Wer ganz viel Zeit hat, kann auch laufen. Wir kamen ca. eine Stunde vor Schließung an und die Warteschlange war dementsprechend kurz, sehr zu unserer Freude. Der Blick aus der Gondel ist fantastisch, selbst mit ein wenig Höhenangst schafft man das. Oben angekommen, wollten wir nicht gleich mit dem Strom gehen und sind erst mal nach rechts abgebogen. Grundsätzlich kein Problem, aber wie wir herausfanden ist es kein Rundweg und wir mussten zur Plattform des Castells den ganzen Weg zurück.

Castell de Montjuïc

Castell de Montjuïc

Zu unserem Glück war die Sonne kurz davor unterzugehen, von hier oben ein beeindruckendes Spektakel. Die Festungsmauern, das Museum und die Katakomben selbstverständlich auch. Hier oben gab es noch einmal ein Gefühl von Freiheit. Vor mir das Mittelmeer und hinter mir die Ausläufer Pyrenäen. Die Luft klar und rein, fernab der Großstadthektik.

Für eine Fahrt in der Gondel war es mittlerweile zu spät geworden, aber die 150 stand bereits am Fuße der Festung.

Font Màgica de Montjuïc – der magische Brunnen

Der Weg zurück zur Plaza de España führt unweigerlich daran vorbei. Also warum nicht. Ich bin vorher noch nie dagewesen und ein bisschen Magie zum Abendausklang kann ja nicht schaden. Kaum waren wir jedoch da, wäre ich am liebsten wieder weg gerannt. Soooo viele Menschen habe ich nicht erwartet. Laut der Startzeit die wir genannt bekamen, sollte es in 30 Minuten losgehen. Aus 30 wurden 60, da wir ja mittlerweile Oktober hatten und sich die Zeiten geändert hatten. Alleine hätte ich nicht gewartet, aber mit gehangen – mit gefangen. Mein Glück!

Magischer Brunnen - magic Fontain - Font Mágica de Montjuïc

Magischer Brunnen – Font Mágica de Montjuïc

Es war wirklich toll!!! Tatsächlich sollte man es sich einmal angesehen haben! Die Musik, das Farbenspiel und das rhythmisch tanzende Wasser, einfach fabelhaft. Ein gelungener Abschluss, eines erlebnisreichen Tages.

Erst im Nachhinein ist mir bewusst geworden, dass ich schon an vielen Spots der Stadt war, aber doch auch noch jede Menge fehlen. Ich werde wohl wiederkommen. Vielleicht in sieben Jahren, denn in sechs -2026- soll die Sagrada Familia fertig gestellt sein, für mich macht es Sinn nicht gleich im ersten Jahr mit den Massen hinzuströmen.

 

Meine Tipps für einen gelungen Aufenthalt – trotz Tourimassen

  1. Vermeidet den Sommer und oder lange Wochenenden! Kommt im Frühjahr oder Herbst. Dann ist es weniger heiß und voll. Besser noch Frühherbst, denn dann ist das Wasser noch warm und lädt zum baden ein.
  2. Lernt zumindest ein wenig Spanisch oder Katalanisch, dann ist der Service in Restaurants, Cafes und anderswo gleich etwas besser.
  3. Den offiziellen Barcelona Bus Turístic, kann ich für Einsteiger und Neulinge empfehlen. Mit den drei Routen, auf denen man umsteigen kann, bekommt man in kurzer Zeit viel zu sehen und zu hören! (das Rabattheft zu nutzen lohnt auch)
  4. Nutzt wenn ihr mehr Zeit habt, öffentliche Verkehrsmittel. Das Netzt ist gut ausgebaut und teuer ist es auch nicht.
  5. Lasst euch Treiben und nicht hetzen, ihr werdet Staunen was für hübsche Plätze, Gassen, Gebäude hier entdeckt.
  6. Für Hauptattraktionen bucht eure Tickets am besten vorher, gerade mit Kindern spart das Warteschlangen und Nerven! (In den Palau de la Música Catalana, kommt ohne gebuchte Führung gar nicht rein.)
  7. Wagt einen Blick nach rechts und links, es gibt immer wieder Spielplätze, so eine kleine Pause tut den Kleinen gut. (z.B. grüne Route Parc Diaognal Mar oder gegenüber der Sagrada Familia)
  8. Font Mágica – bleibt auf den Treppen oder auf dem Platz davor, sonst wird es feucht am Hintern.
  9. Essen und Trinken, solltet ihr immer da wo ihr auch Spanisch oder Katalanisch unter den Gästen hört. Dort ist das  Preis- Leistungsverhältnis meist in Ordnung.

zu guter Letzt

Hab ich etwas vergessen? Lasst es mich in den Kommentaren wissen. Mir bleibt nicht mehr viel zu sagen. Ich mag Barcelona noch immer. Es gibt so unwahrscheinlich viel zu entdecken. In den letzten Jahren hat sich viel getan, auch infrastrukturell. Das hat den Vorteil, dass man mittlerweile sehr gut mit Fahrrad und auch Kinderwagen und Rollstuhl durch die Stadt kommt.

Restaurants und Cafes die ich uneingeschränkt empfehlen kann: La Luna und Taller de Tapas Argenteria (Spanisch = guter Service) in El Born. In Sarrià waren es das Bocconi und die Patisserie Foix de Sarrià.

Achja solltet ihr über airbnb mieten, checkt vorher ob die Wohnung offiziell gelistet ist! Unsere war es scheinbar nicht! Wir haben sie jetzt mal gemeldet. Das Geld haben wir in den Sand gesetzt, denn wir konnten nicht mal drin schlafen. Unterstützung oder Geld zurück gab es auch nicht seitens airbnb. Aus „room with a view“ und „private balcony“ wurde: Zimmer ohne Fenster …

Ihr braucht noch mehr Inspiration? Dann schaut doch gerne bei den KollegInnen vorbei. Jeder hat seine ganz eigene Geschichte zu Barcelona in Wort und Bild:

  • mobilista  – Tipps auch aus Sicht einer Rollstuhlfahrerin
  • katetravels – Architektur und Me(h)er
  • sunnyside2go – 5 Tage auf Entdeckungstour
  • nicolo – hat sogar einen Buchtipp parat und es nicht „Der Schatten des Windes“
  • smilesfromabroad – ist auch mit dem Radl unterwegs gewesen
  • coeser – war schon öfter da
  • silvertravelers – hatten nur einen Tag in Barcelona
  • phototravelers – haben gleich 12 Tipps
  • wanderfolk – hat mich selbst mit ihren Fotos verzaubert
  • vikiviaja – hier hab ich selbst geschaut, da sie in Barcelona lebt und mit einem Katalanen liiert ist

Ich entlasse euch mit ein paar Bildern, die sonst nirgends hingepasst haben in die Realität. Ganz bald nehme ich euch auch noch an andere schöne Orte in Katalonien mit! Bis dahin.

Eure Ulrike

*Von Barcelona Turisme (visitbarcelona.com) wurde mir eine Press Card zur Verfügung gestellt, welche mir kostenfreien Eintritt in die Museen erlaubte, ebenso waren der Bus Touristic und die Fahrt mit der Seilbahn inkludiert. Die Museumswahl war davon unabhängig. Flug, Unterkunft und Essen habe ich selbst bezahlt.